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SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Zeuge, ich bitte Sie, sich mit dem Satz im Abschnitt 6 zu beschäftigen.
Dieser Absatz richtet sich sicherlich an alle Verwaltungsorgane hinunter bis an die Kreisleiter und Ortsgruppenleiter der Nazi-Partei, vorwegnehmend, daß sie alle über die Führung der Konzentrationslager Bescheid wußten. Wollen Sie nun dem Gerichtshof gegenüber behaupten, daß Sie, der bis zum Jahre 1943 der zweite Mann im Reich war, nichts über die Konzentrationslager wußten?
GÖRING: In erster Linie erwähne ich noch einmal, daß ich dieses Dokument nicht anerkenne, daß ich dieses Dokument in seiner ganzen Fassung nicht kenne und mir auch dieser Paragraph ungewöhnlich erscheint.
Ich hatte keine… wie es in den Konzentrationslagern später, nach meiner Zeit, zuging, nicht gewußt.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Darf ich Sie an die Beweise erinnern, die vor diesem Gerichtshof erbracht wurden, insbesondere bezüglich Auschwitz allein, wo vier Millionen Menschen ausgerottet wurden. Erinnern Sie sich daran?
GÖRING: Das habe ich nur aus Behauptungen hier gehört. Für mich ist sie keinesfalls erwiesen, diese Zahl.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wenn Sie dies nicht als erwiesen betrachten, lassen Sie mich auf die eidliche Aussage Höttls verweisen, der der stellvertretende Gruppenführer der Auslandsabteilung des Reichssicherheitshauptamtes IV war. Er sagt, daß ungefähr vier Millionen Juden in Konzentrationslagern getötet wurden, und daß weiterhin zwei Millionen auf andere Weise den Tod fanden. Nehmen wir an, daß diese Zahlen – die eine ist eine russische, die andere ist eine deutsche – nehmen wir an, daß nur 5 % richtig ist, somit waren es zwei Millionen und eine Million. Wollen Sie immer noch diesem Gerichtshof gegenüber behaupten, daß ein Minister mit Ihrer Machtstellung im Reiche in Unkenntnis dieser Vorgänge verbleiben konnte?
GÖRING: Das behaupte ich, und gerade deshalb, weil das so war, wurden diese Sachen vor mir geheimgehalten. Ich bin sogar der Meinung, daß nicht einmal der Führer annähernd von diesem Ausmaß etwas gewußt hat. Das spricht auch dafür, daß Himmler diese Sachen außerordentlich geheimgehalten hat. Es sind uns niemals Zahlen oder irgend etwas in dieser Richtung zugestellt worden.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber Zeuge, haben Sie denn nicht Zutritt zur ausländischen Presse gehabt, zur Presseabteilung in Ihrem Ministerium, zu ausländischen Sendungen? Es ist bewiesen, daß insgesamt, Juden und andere Personen eingeschlossen, ungefähr zehn Millionen Menschen kalten Blutes ermordet wurden, abgesehen von denen, die im Kampfe getötet wurden; ungefähr zehn Millionen Menschen. Sie wollen behaupten, daß Sie niemals aus der ausländischen Presse oder aus Sendungen erfahren haben, daß sich derartiges ereignete?
GÖRING: Erstens mal ist mir die Zahl von zehn Millionen in keiner Weise erwiesen. Zum zweiten habe ich während des ganzen Krieges keine Auslandspresse gelesen, weil ich das doch nur für Propaganda gehalten habe. Zum dritten war ich an sich berechtigt, für meine Person Auslandssender zu hören, habe sie aber niemals benutzt, weil ich ebenfalls diese Propaganda nicht hören wollte. Ich habe auch inländische Propaganda nicht angehört. Erst in den letzten vier Tagen des Kriegs habe ich zum ersten Male, das könnte ich unter Beweis stellen, den Auslandssender eingeschaltet.
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie haben Herrn Jackson gestern gesagt, daß verschiedene Vertreter in den Ostgebieten waren, und daß Sie die Filme über die Konzentrationslager gesehen haben, seitdem dieser Prozeß begann, nicht wahr? Sie wissen, daß Millionen von Kleidungsstücken, Millionen von Schuhen, 20952 kg goldener Eheringe, 35 Waggonladungen von Pelzen vorhanden waren. Alle diese Dinge wurden von den Menschen, die in Maidanek oder Auschwitz umgebracht wurden, hinterlassen. Ist Ihnen niemals von jemandem während der Entwicklung des Vierjahresplans oder von anderer Seite Mitteilung gemacht worden, daß sie diese Unmassen von menschlichen Gebrauchsstücken erhielten? Erinnern Sie sich an den polnisch-jüdischen Herrn, der aussagte, daß alles, was er von seiner Familie, seiner Frau, Mutter und Tochter zurückerhielt, ich glaube, ihre Ausweiskarten waren? Seine Arbeit bestand darin, Kleider aufzulesen. Er sagte uns, daß die Henker Ihres Freundes Himmler so gründlich waren, daß es fünf Minuten länger dauerte, Frauen zu ermorden, weil man ihnen ihre Haare abschneiden mußte, die für die Herstellung von Matratzen benutzt wurden. Ist Ihnen niemals etwas über den Zuwachs deutschen Materials gesagt worden, das von den Effekten dieser ermordeten Menschen stammte?
GÖRING: Nein, und wie stellen Sie sich bitte das vor: Ich habe große Richtlinien für die deutsche Wirtschaft gegeben. Dazu gehörte nicht die Matratzen-oder sonstwie Anfertigung aus Frauenhaaren oder die Verwendung alter Schuhe und Kleider. Ich lasse mal die Zahl einmal vollständig dahingestellt.
Ich möchte auch hier einen Einspruch gegen diesen Ausdruck erheben: »Mein Freund Himmler.«
SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, ich will sagen »Ihr Feind Himmler« oder einfach »Himmler«. Sie wissen, wen ich meine, oder nicht?
GÖRING: Jawohl.
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